Beitragsseiten

 

Fliegen mit der SE5a

Alle Modellpiloten kennen das mulmige Gefühl vor dem ersten Start mit einem neuen Modell. In diesem Fall hätte es eigentlich besonders mulmig sein sollen, da ich viel Aufwand und Zeit in den Scale Ausbau gesteckt hatte, bevor das Modell zum Erstflug startete. Komischerweise war es aber nicht so. Die guten Erfahrungen mit der Sopwith bei vergleichbarem Gewicht, Flächeninhalt, Antrieb etc. gaben mir Zuversicht auf einen entspannten Maiden Flight.

Zunächst machte ich die üblichen Bodenchecks für Reichweite und Ruderkontrolle, dann einige Rollversuche, da der Hecksporn angelenkt ist und ich das Steuerverhalten am Boden testen wollte.

Dann die Maschine gegen den Wind ausrichten, tief durchatmen, langsam das Gas rein und Fahrt aufbauen. Das Heck kommt nach wenigen Metern hoch und schon hebt sie ab. Aber was ist das? Sie will nach links. Ich muss heftig gegensteuern. Auf Sicherheitshöhe versuche ich zu trimmen. OK, sie fliegt einigermaßen geradeaus, aber irgendwie eigenartig. Also wieder runter. Die Landung ist unspektakulär. Mit etwas Schleppgas setzt sie sanft auf und ich roll sie zurück.

Die vier Querruder stehen nach der Trimmorgie nun deutlich aus der Neutrallage. Warum nur? Die Erklärung ist einfach, aber peinlich für den Erbauer. Das rechte Flächenpaar hat einen sichtbar größeren Anstellwinkel als das Linke. Das hätte nicht passieren dürfen. Zum Glück ist nichts passiert.

Also ab in den Bastelkeller und die Spannseile neu eingestellt. Zur Kontrolle werden vier ausgesucht gerade 5x5mm Kiefernleisten von mindestens 1m Länge mit Gummibändern ungefähr mittig unter die Flächen gespannt. Als Referenz dienen weitere Stäbe an der Flächenwurzel. Hier ist der Einstellwinkel konstruktiv vorgegeben und der sollte sich zur Flächenspitze nicht verändern. Jetzt kann man aus 90° zur Flugrichtung über die Stäbe peilen und die Seile so vorspannen, dass alle Stäbe den gleichen Anstellwinkel zeigen.

Ohne die Stäbe ist (zumindest in meinem) Keller der für die optische Kontrolle nötige Abstand zum Modell nicht zu erreichen.

k P1000757

Der nun folgende Testflug verlief dann erwartungsgemäß gut. Allerdings will dieses Flugzeug geflogen werden. Es hat nicht die Agilität der etwas kürzeren Sopwith und braucht im Kurvenflug energische Seitenruderunterstützung. Diese Erkenntnis deckt sich übrigens mit Berichten aus der Literatur zum Original und ist ein weiterer Hinweis auf die vorbildgetreue Umsetzung der Konstruktion. Die Fluggeschwindigkeit ist gefühlsmäßig recht langsam und auch die Landegeschwindigkeit ist praktisch trainerartig. Das Flugbild ist phantastisch. Dazu der tolle Motorensound und die Illusion ist perfekt.

Für die kommende Saison ist geplant, den Verbandsflug mit der Pup zu üben.

Fazit

Das Modell ist für den fortgeschrittenen Modellbauer eine erreichbare Herausforderung. Man muss natürlich schon etwas Erfahrung mitbringen, aber die präzise gelaserten Bauteile erleichtern den Bau erheblich. Als Basis für ein schönes Semi Scale Modell ist die SE5a ideal. Der Zeitaufwand ist ebenfalls nicht unerheblich. Ich habe bis jetzt ca. 300 Stunden einschließlich der Recherche zum Original investiert. Die Kosten für Bausatz und die sonstigen „Kleinigkeiten“ sind natürlich nicht mit dem Preisniveau der allgegenwärtigen ARF Modelle aus Fernost zu vergleichen. Dafür erhält man aber ein einzigartiges Modell, das in dieser Ausprägung wirklich nicht oft auf Modellflugplätzen anzutreffen ist.

Mir hat die Recherche zum Original sehr viel Spaß gemacht. Die Umsetzung der Scale Details im Modell fand immer unter der Maßgabe der Verhältnismäßigkeit statt und war praktisch ein eigenständiges Unterfangen. Am Ende ist hier ein alltagstaugliches Modell entstanden, das den Betrachter mit seinen zahlreichen Details fasziniert.

DSC04557

Nachtrag 2021

Inzwischen sind mehr als 10 Jahre vergangen und das Flugzeug hat viele Einsätze auf vielen Treffen hinter sich. Es ist eines meiner Lieblingsmodelle und es fliegt immer noch wunderbar. Ich habe 2019 den Kühergrill auf des spätere Modell mit dem Wolsley Motor geändert aber dann habe ich mich entschlossen eine große Revision durchzuführen. Nach zehn Jahren wollte ich nicht das Risiko eingehen, dass eventuell unentdeckte Schäden an der Struktur irgendwann zum Fiasko führen. Nachdem ich die Bespannung an den Flächen entfernt hatte, bot sich allerdings ein sehr erfreuliches Bild. Also bleibt es bei neuer Bespannung, neuem Lack und diversen Verschönerungen und Scale Details dank der neuen Möglichkeiten mit dem 3D Drucker. Der zweite Jungfernflug steht noch aus...

 

 

 

BlackWhite 275er